Bericht der Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung

Die von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht Anfang 2020 eingesetzte Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung hat heute ihren Abschlussbericht vorgelegt.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt dazu:

Bericht der Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung

„Ich danke allen Mitgliedern der Expertengruppe für ihren ausführlichen Bericht, der alle Aspekte einer technischen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung umfassend beleuchtet. Der Abschlussbericht macht deutlich: Die Einführung einer Inhaltsdokumentation der gerichtlichen Hauptverhandlung ist sowohl rechtlich als auch technisch-organisatorisch möglich. Vor allem bietet die Dokumentation in strafgerichtlichen Hauptverhandlungen die große Chance für eine verbesserte Wahrheitsfindung im Strafverfahren. Im Bericht werden aber auch die potenziellen Schwierigkeiten bei einem solchen Paradigmenwechsel in den Blick genommen und Lösungen dafür vorgeschlagen. Der Bericht ist eine hervorragende Grundlage für ein mögliches Gesetzgebungsvorhaben in der nächsten Legislaturperiode.“

Bislang wird in Deutschland – anders als in vielen anderen Staaten – in der strafgerichtlichen Hauptverhandlung vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten lediglich ein sogenanntes Formalprotokoll erstellt, das nur die Förmlichkeiten der Verhandlung, aber nicht deren Inhalte dokumentiert. Für die Urteilsbegründung ist der Richter oder die Richterin heute auf die eigene Mitschrift dazu angewiesen, was beispielsweise ein Zeuge genau gesagt hat. Ob diese Regelungen noch zeitgemäß sind, wird in Politik, Presse und Fachkreisen seit einiger Zeit kontrovers diskutiert.

Zu den zentralen Ergebnissen des Abschlussberichts gehören:

(200 Seiten /PDF)
  1. Die technische Dokumentation der Hauptverhandlung bietet die Chance, die Grundlage für die Nachvollziehbarkeit der Hauptverhandlung und für die richterliche Überzeugungsbildung zu verbessern. Sie trägt dazu bei, kognitiv bedingte Fehler zu vermeiden und dient so der Wahrheitsfindung.
  2. Risiken ergeben sich insbesondere mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, die hinreichende Beachtung finden müssen. Diesen Risiken können durch eine entsprechende Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen und der praktischen Handhabung begegnet werden.
  3. Erhebliche Auswirkungen auf das Revisionsverfahren sind durch eine technische Dokumentation der Hauptverhandlung nicht zu erwarten, so dass die Aufgabenverteilung zwischen Tat- und Revisionsgericht im Grundsatz erhalten bleibt.
  4. Die Einführung einer technischen Dokumentation der Hauptverhandlung bei den Land- und Oberlandesgerichten stellt für die Justiz in technisch-organisatorischer Hinsicht eine anspruchsvolle Herausforderung dar, die auch erhebliche finanzielle Auswirkungen haben würde.

    Der Expertinnen- und Expertengruppe gehören Vertreterinnen und Vertretern aus der Justizpraxis der Länder, des Bundesgerichtshofs, des Generalbundesanwalts sowie der Richter- und Anwaltsverbände (Deutscher Richterbund e.V., Bundesrechtsanwaltskammer, Deutscher Anwaltverein e.V. und Neue Richtervereinigung e.V.).an. Dadurch soll erreicht werden, dass alle Perspektiven im Strafverfahren berücksichtigt und eine Fokussierung auf die praxisrelevanten Fragestellungen gewährleistet werden.

    Den Abschlussbericht der Expertinnen- und Expertengruppe finden Sie hier. Ein Anlagenband mit ergänzenden Gutachten und Berichten wird demnächst abrufbar sein (200 Seiten /PDF).

Quelle: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz